Transparenz und Fairness bei Musikwettbewerben – eine Illusion?

Wie viel wissen wir über Musikwettbewerbe?

Ein Artikel der besonderen Art.

Wenn der Veranstalter eines neuen internationalen Pianowettbewerbs für Kinder und Jugendliche einen eigenen Newsletter auf seiner Webseite anbietet, dann befasst sich dieser normalerweise mit den Inhalten und den Besonderheiten des eigenen Wettbewerbs. Denn die Werbung für die eigene Veranstaltung und die Bekanntmachung der künstlerischen und auch organisatorischen Herausforderungen ist ja das, was den Leser interessiert, oder zumindest interessieren sollte, so der Wunsch der Herausgeber.

Ich mache keine Ausnahme, obwohl es auf den ersten Blick so aussieht. Die Idee zum Inhalt dieses Rundbriefs ist mir gekommen, als ich am 9. Dezember 2022 im Feuilleton der FAZ – der Frankfurter Allgemeinen Zeitung – über eine neue Dissertation von Nora Kienast zum Thema „Musikwettbewerbe unter Legitimationsdruck“ las. Der Titel „Kartelle, Deals und Regelbruch“ und die zweite Überschrift „In zwei Studien wird offen über mafiöse Strukturen bei Wettbewerben für klassische Musiker gesprochen“ erregten mein Interesse. Hier ein Auszug aus der Dissertation:

„Die Aussagen werfen kein gutes Licht auf Musikwettbewerbe. Juroren berichten von Seilschaften, von Gruppendynamiken in den Jurys, bei denen sich Wortführer herausbilden und solche, die sich mehr oder weniger meinungslos einer Entscheidung anschließen; sie berichten, Zeuge geworden zu sein von sogenannten Deals: etwa, dass der Schüler des jeweils anderen Jurors mit einer besonders hohen Punktzahl bewertet wurde. So lässt sich das allseits übliche Verbot aushebeln, für den eigenen Schüler zu stimmen. Erzählt wird, wie Juryregeln gebrochen wurden; etwa während des Wettbewerbs keinen Kontakt zum eigenen Schüler zu haben; oder wie es vor den Wertungsspielen zu Unterrichtsanbahnungen kommt, ausgehend von Teilnehmern wie von Juroren , um Kontakte herzustellen; schließlich, dass kartellartige Strukturen auftreten. Ein mehr oder weniger fester Kreis an Künstlern oder Professoren schanzt sich gegenseitig Juryteilnahmen zu, was dazu führt, dass immer die gleichen Gesichter an den Jurytischen der Wettbewerbe auftauchen“.

Meine spontane Reaktion: Das müssen Ausnahmen sein, das kann es so nicht geben. Weit gefehlt!

Zehn Juroren und 4 Teilnehmer hat Nora Kienanst befragt. Alle Juroren waren schon einmal beim ARD-Wettbewerb tätig, was Rückschlüsse zulässt auf die Prominenz und künstlerische Potenz der Interview-Partner. Denn beim in München ausgetragenen Wettbewerb sitzen ja keine Unbekannten in der Jury.

„Wo Menschen sind, da menschelt es“, wird aus einem ihrer Interviews zitiert.  Aber erklärt  das schon alles? Ich denke nein: Die Veranstalter sind gefragt!

Die großen Wettbewerbe wie der ARD-Wettbewerb sind natürlich für eine Karriere von großer Wichtigkeit. Und mögliche Unregelmäßigkeiten schaden dem Ruf eines jeden Wettbewerbs. Auch unser Wettbewerb möchte ja mal ein „großer“ werden.

Schon deswegen war es uns wichtig, dass keine Schüler der in unserer Jury sitzenden Professoren und Musikpädagogen an unserem Wettbewerb teilnehmen dürfen. Auch wenn wir es „nur“ mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben. Denn der Nachteil für die eventuell unberechtigterweise ausscheidenden möglichen „Stars von morgen“ wäre uns zu groß – von der Moral ganz zu schweigen.

Unregelmäßigkeit verhindert auch unser objektives Bewertungssystem. Die Kriterien sind folgende:

  • Künstlerische Gestaltung
  • Klangqualität
  • Spieltechnik
  • Stilistik
  • Texttreue
  • Musikalisches Verständnis
  • Bühnenpräsenz
  • Persönlichkeit
  • Originalität
  • Entwicklungspotential
  • Schwierigkeitsgrad und Bewältigung des Stückes


Und unsere Jury bewertet nach dem international bewährtem Punktesystem:

  1. Preis: 25/24 Punkte
  2. Preis: 23/22 Punkte
  3. Preis: 21/20 Punkte.


Wenn mehrere Teilnehmer die gleiche Punktzahl erreichen, dann werden die Preise eben mehrfach vergeben. Alleine die Qualität entscheidet.

Selbst die nicht preisgekrönten Teilnehmer erhalten als Ansporn eine Urkunde entsprechend der erreichten Punktzahl:

  • mit sehr gutem Erfolg teilgenommen: 17 – 19 Punkte
  • mit gutem Erfolg teilgenommen: 14 – 16 Punkte
  • mit Erfolg teilgenommen: 11 – 13 Punkte
  • teilgenommen: bis 10 Punkte

Das alles garantiert „saubere“ Verhältnisse.

Und dafür verbürge ich mich bei unserem Wettbewerb.

In diesem Sinne grüße ich Sie herzlich und freue mich auf Ihren Besuch bei unserem Preisträgerkonzert.

Prof. Dr. Gerhard Hücker
Gesamtleitung

International Piano Competition Kronberg 2023

International Piano Competition Taunus e. V.

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